Du bist mîn, ich bin dîn...
Liebe, Lust und Lotterleben

Sonnabend, 4. November 2006
in der Alten Turnhalle in Lauenburg

Chor und Commedia musicale
Lauenburger Musik-Kreis
Leitung: Manfred Schulz

Pressebericht zum Konzert des Lauenburger Musik-Kreises am 4. November 2006 in der Alten Turnhalle in Lauenburg/Elbe

„Dû bist mîn, ich bin dîn.“

Musik-Kreis bot in der Alten Turnhalle in Lauenburg ein mittelalterliches Spektakel zum Thema „Liebe, Lust und Lotterleben“

In einem Brief schrieb im 12. Jahrhundert eine Frau an einen Priester ein Gedicht, dass mit der Zeile: „Dû bist mîn, ich bin dîn“ beginnt. Es handelt sich dabei um eines der ältesten überlieferten Liebesgedichte im deutschen Sprachraum. Diese Zeile war auch das Motto des Konzertes, das der Lauenburger Musik-Kreis am letzten Samstag mit seinem Chor und dem Theaterensemble „Commedia musicale“ gab. Für die mittelalterliche Atmosphäre sorge schon im Vorprogramm und in der Pause Dr. Helmut Grimm mit seiner Drehleier. Dann aber überraschte Commedia musicale mit großem Gelärme und einem urigen, unheimlichen und gewaltigen Sound die Zuhörer. „Vitatores sumus, quod patres nostres marginae viae sepulti sunt“ - „Wanderer sind wir, weil die Ahnen unserer Väter am Wegesrand begraben liegen.“ Ein Hymne der Vaganten im Mittelalter. Mit überdimensionalen Pauken, Dudelsack, mittelalterlichen Schalmeien, Drehleier und Posaunen gelang es den Commedianten in ihren bunten Kostümen und den grotesken Masken, das Publikum unvermittelt in das Mittelalter zu entführen. Dort angekommen, wurden sie mit erotischen Geschichten konfrontiert, in denen es um die Liebe, die Lust und das Lotterleben von Fürsten, Äbtissinnen, Nonnen, Mönchen, Handwerken, Gräfinnen und jungen Adligen ging. Vorgetragen wurden die Geschichten von Winfried Matern, Meike Lindemann und Ulrich Meyer.

Ulrich Meyer in der Rolle des Mönchs „Ägidus von Lantze“ geriet beim Vorlesen der „unanständigen Geschichten“ aus dem Decamerone von Giovanni Bocacchio in einen Rollenkonflikt, den er durch den Hinweis „die Geschichten dienten eventuell auch der Abschreckung“ löste.

Die Geschichten wurden umrahmt vom Chor und musikalischen Beiträgen der Commedianten. Der Chor glänzte durch Präzision, Dynamik und Reinheit des Klanges. Insbesondere die Stücke „Oh Occhi manza mia“ und der „Tourdion“ hatten des dem begeisterten Publikum angetan. Ganz besonders gelungen war auch die Interpretation von Balladen des mittelalterlichen Dichters Francois Villon. Meike Lindemann als Hexe Fantesca beschrieb eindringlich mit Gesang und Drehleier das Schicksal des Banditen Pierre, genannt der „Rote Coquillard“. Ursula Wick als „Margot“ in der Rolle der Lebensgefährtin Villons stellte in der Sprache des Dichters eindringlich das Schicksal der von den Männern ausgenutzten Frauen dar und ermunterte sie, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen, denn sonst seien sie „wie eine Münze ohne Wert“. Den gewaltigen Schlusspunkt setzten die Commedianten und Chorsängerinnen und Sänger dann mit dem Stück „Bacchus“, dessen Text aus der uralten Sammlung „Carmina Burana“ (1230) stammt.