Manfred Schulz

Mittwoch, 6. Oktober 1999

An den Vorsitzenden
des Kirchenvorstandes
der ev.-luth. Kirchengemeinde Lauenburg
Sehr geehrter Herr Pastor O.!

Als Anlage zu diesem Schreiben sende ich das von Ihnen erstellte Zeugnis zurück.
Ich halte dieses Zeugnis in seinen Grundzügen für unredlich und völlig unzureichend.
Es wird in keiner Weise der Tätigkeit gerecht, die ich 26 Jahre für die Kirchengemeinde
Lauenburg ausgeführt habe.
Ich habe auch nicht die Absicht, mich jemals wieder bei einer Kirchengemeinde mit diesem
Zeugnis zu bewerben. Im Gegenteil, ich könnte niemals für eine Kirchengemeinde arbeiten, die mich auf Grund eines solchen Zeugnisses der Kirchengemeinde Lauenburg einstellte. Deshalb verzichte ich auf eine Beurteilung gerade auch von Ihnen.

Da in den kommenden Tagen mein Sohn Sebastian und ich aus der ev.-luth. Kirche austreten werden, möchte ich an dieser Stelle noch einmal aus meiner Sicht eine abschießende Bewertung kundtun.
  1. Ich kann den Kirchenvorstehern, die mir das Leid zugefügt haben, welches ich in den letzten Jahren ertragen habe, nicht verzeihen. Ich rechne es diesen Kirchenvorstehern ganz persönlich an und werde es ihnen auch nicht vergessen. Sie haben wissentlich meine Existenz und die Existenz meiner Familie aufs Spiel gesetzt. Besonders der Artikel in der Bild-Zeitung, in dem gerade auch Sie, Herr Pastor O., sich besonders gegen eine einzelne Person, einen langjährigen Mitarbeiter der Kirchengemeinde, deren Pastor Sie sind, hervorgetan haben, führt mich zu dieser Haltung. Besonders infam ist dabei der indirekte und leichtfertige Versuch, einen Menschen in Hamburg und Umgebung regelrecht gesellschaftlich zu desavouieren.
  2. Ganz besonders schwer wiegt für mich die Tatsache, dass bis auf einen heimlichen Besuch eines Kirchenvorstehers, kein anderer Kirchenvorsteher mich in der ersten Phase persönlich angesprochen, geschweige denn sich für meine Beweggründe interessiert hat, insbesondere vor dem Hintergrund, dass ich selbst einmal Mitglied dieses Vorstandes war und einige dieser Personen mich durchaus sehr lange kennen.
  3. Aus diesem Verhalten habe ich gelernt. Ich hatte meine Tätigkeit und meine Ziele, gerade in der musikalischen Tätigkeit darauf ausgerichtet, Menschen an die Kirche heranzuführen. Ich habe nicht geahnt, welch eine verschrobene, rücksichtslose Kirche das war, eine Kirche, deren Vorsteher bereit sind, über "Leichen zu gehen", nur damit ihr persönlicher Moralbegriff zu seinem Recht kommt. Eine solche Kirche hat als gesellschaftliche Institution aus meiner persönlichen Sicht keine Existenz- bzw. Unterstützungsberechtigung.

Heute weiß ich, dass meine Ziele im Gegenteil liegen müssen. Aus meinen umfangreichen Kontakten zu Jugendlichen in meinem vielen Philosophie- und Ethikkursen habe ich gelernt, dass es viel wichtiger ist, Kirche und Dümmlichkeit (nicht Dummheit), und sie gehören in Lauenburg für mich zusammen, eher zu verhindern als sie auch noch zu fördern. Dieses wird noch durch die Tatsache verstärkt, dass gerade die Lauenburger Kirche mit "sektenähnlichen", parachristlichen Institutionen intensiv zusammenarbeitet, deren "Dümmlichkeitsgrad" noch wesentlich stärker ist.
Seien Sie gewiss, dass ich meine Tätigkeit in Lauenburg mit aller Kraft auf vielen Ebenen fortsetzen werde. 
Der Erfolg des Lauenburger Musik-Kreises in letzter Zeit liegt gerade darin begründet, dass er nicht mehr zur Kirchengemeinde gehört. Auch diese Erfahrung war neu für mich.
Ich persönlich werde aber trotzdem ganz besonders auch einen Schwerpunkt auf die geistliche Musik legen. Dass diese in Lauenburg weiter in einer Turnhalle stattfinden wird, denke ich, bleibt für mich und viele Menschen ein ganz besonders wichtiges und aussagekräftiges Zeichen.

Mit freundlichem Gruß

Manfred Schulz