Ein kulturelles Erlebnis der besonderen Art.
Gelungenes Klezmer-Konzert im regionalen Kulturzentrum in Witzeeze
„Dos Lebns is a Tanz – wenn man kennt di Tritt!“ Mit diesen Worten
eröffnete Lothar Kamps am letzten Samstag das Klezmerkonzert im
regionalen Kulturzentrum in Witzeeze. Der schöne neue Saal des
Kulturzentrums war mit über 90 Gästen bis in den Vorflur hinaus auf den
letzten Platz gefüllt. Bürgermeister Wöhl-Bruhn war es gelungen, das
Klezmer-Ensemble des Lauenburger Musik-Kreises und Lothar Kamps zu diesem
Konzert nach Witzeeze einzuladen. Und man kann es vorwegnehmen: Es war ein
voller Erfolg.
„So ist es mit dem Tanz“ fuhr Kamps fort, „immer einen im Sinn
behalten – die Juden wussten zu allen Zeiten, wie schwer das Leben sein
kann“. Lothar Kamps, ehemals Arzt und Psychotherapeut in Büchen und
viele Jahre Kontrabassist im Lauenburger Musik-Kreis, führte die Zuhörer
in die Kulturgeschichte des Klezmer und der jiddischen Sprache ein. Das
Publikum erfuhr, was es mit der „Weisheit des Talmud“ auf sich hatte
und dass eine Vielzahl von Wörtern in der deutschen Sprache aus dem
jiddischen stammen: z. B. Maloche, Mischpoke, Tinnef, Ganove, Macke,
Mauschelei, Schlamassel, Reibach, Tacheless, schmusen, betucht, mies,
dufte, ausgekocht usw. Unterbrochen wurden seine Ausführungen durch
launige oder einfühlsame Lieder aber auch durch fetzige, mitreißende
Klezmertänze.
Wer sich auf diese lebendige Musik einlassen konnte, erlebte ein Konzert,
das es in sich hatte.
"Klezmer" ist ein Begriff aus den 30er Jahren, von Moshe
Beregovski, einem jüdisch-russischen Musikethnologen ein-geführt für
"Musiker jüdischer Herkunft". Heute steht er weitgehend für
die ursprüngliche Festtags- und Hochzeitsmusik osteuropäischer Juden. So
gelang es den sechs Musikern des Lauenburger Klezmer-Ensembles in mitreißender
Spielfreude Gefühlsozeane von Melancholie bis Euphorie zu überfliegen.
Weder Zeit noch Raum konnten den Dialog zwischen Sopransaxophon (Meike
Lindemann) und Schlagzeug (Benjamin Schulz) in der freien Improvisation
einer Doyna hemmen. Begleitet wurden sie von Carina und Ulrike Köller am
Altsaxophon, Andrea Widow-Heintzelmann am Kontrabass und Manfred Schulz am
Klavier. Nebenbei wurden auch „wertvolle Weisheiten“ weitergegeben
„Was ist der Unterschied zwischen einer jüdischen Mome (Mutter) und
einem Terroristen? Mit dem Terroristen kann man verhandeln!“
Auch leise, urtraurige Töne wurden dabei nicht ausgeblendet, kamen zu
ihrem Recht. Manfred Schulz, künstlerischer Leiter des Lauenburger
Musik-Kreises, erinnerte in seiner Einführung zu dem jiddischen
Kinderlied „Oyfn Pritpitschik“ an den Film „Schindlers Liste“, in
dem das Leiden des jüdischen Volkes bei der Räumung des Krakauer Gettos
durch die Melodie dieses Liedes unterstrichen wird.
Die Musiker, unter ihnen besonders Meike Lindemann mit Geige und
Sopransaxophon, beherrschen die getragenen, melancholischen Weisen ebenso
wie die ausgelassenen, und verstanden es, äußerste Spannung zu schaffen
aber auch lockere Stimmung. Ihre Musik lebte vor allem vom Spannungsverhältnis
der Extreme. Die Spielfreude der Musiker übertrug sich auf die Zuhörer.
Es war, als ob sie mit ihren Instrumenten sprechen konnten, lachen,
weinen, träumen und meditieren. Was sie mit ihren Instrumenten machten,
lehrt keine Musikschule. Das kommt von innen, als ob es im Augenblick
entsteht. Es ist Musik in ihrer schönsten Form, urwüchsig, ehrlich,
voller guter Laune aber auch Melancholie. Lothar Kamps ergänzte das
musikalische Erlebnis durch Geschichten und Witze, die er sogar auch auf
jiddisch vortrug. Das Publikum applaudierte nach fast zwei Stunden Konzert
begeistert.
Der Komponist Schostakowitsch steht mit seiner Meinung nicht allein:
"Jede Volksmusik ist schön, aber von der jüdischen muss ich sagen,
sie ist einzigartig!" Von dieser Einzigartigkeit konnten sich die Gäste
des Konzertes am Sonnabend d. 16. Februar im regionalen Kulturzentrum
in Witzeeze überzeugen. Ein kulturelles Erlebnis der besonderen Art. |