Alte Musik in neuem Gewand

Chor und Big Band des Lauenburger Musik-Kreises
Leitung: Manfred Schulz

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Konzertbericht:

Alte Musik in neuem Gewand präsentiert
Musik-Kreis beging „Tag der Musik“ (Cecilias Day) mit 
einem bes(ch)wingten Konzert

Sonntag, der 22. November war der Tag der Heiligen Cecilia, der Schutzheiligen der Musik, Musiker, Instrumentenbauer und Dichter. An diesem Tag bewies der Lauenburger Musik-Kreis mit seinem Konzert in der Weingarten-Aula in Lauenburg, dass Alte Musik ansprechend, anregend und spannend sein kann, wenn man sie neu „einkleidet“.

Über 60 Musikbegeisterte hatten sich aufgemacht und die vielen Stufen zur Weingartenaula im 2. Stock der Aula erklommen. Dirigent Manfred Schulz betonte in seiner Begrüßung, dass diese „Vorleistung“ durch ein abwechslungsreiches und ansprechendes musikalisches Erlebnis belohnt werden sollte. Die Besucher wurden nicht enttäuscht. In lockerer, ironischer und teilweise hintergründig spitzfindiger Manier führte Manfred Schulz durch das abwechslungsreiche Programm. Hinter dem Begriff „Kontrapunkt“ verbirgt sich, so Schulz, eine alte Kompositionstechnik, die besonders durch Johann Sebastian Bach zu ihrem Höhepunkt geführt wurde. Dabei geht es wesentlich um die „horizontale“ und „vertikale“ Begleitung einer Melodie. So standen die Werke von J.S. Bach neben Stücken von G. Ph. Telemann, G.F. Händel und Antonio Vivaldi im Mittelpunkt des Konzertes. Das „neue Gewand“, in dem die Werke dargeboten wurden, artikulierte sich einerseits durch die verwendeten Instrumente: Neben klassischen Instrumenten wie Violine, Viola und Kontrabass spielten vier Saxophone, eine Klarinette, Digitalpiano und Schlagzeug. Instrumente die im 18. Jahrhundert noch völlig unbekannt waren. Der Chor verfremdete bachsche Instrumentalstücke und Choräle durch jazzige Interpretationen gesungen auf Silben wie „da-ba-da“. Die im Swing-Stil mitreißend dargebotenen Chorstücke bildeten den roten Faden des Konzertes. Neben einem Menuett aus dem Notenbüchlein für Anna-Magdalena Bach erklangen eine Bourree und eine Fuge in C-moll mit Kontrabass (Andrea Widow-Heintzelmann) und Schlagzeug-Begleitung (Benjamin Schulz) auf den „da-ba-da“-Silben. Eine besonders eigenwillige Interpretation des Chorals „Wachet auf ruft uns die Stimme“ verband Manfred Schulz mit dem Gleichnis der 5 klugen und der 5 törichten Jungfrauen aus dem Neuen Testament der Bibel. Er ließ den Chor in die Rolle der „klugen Jungfrauen“ schlüpfen und die figurierte Begleitstimme singen, während der Choral, gespielt von Ole Wulf auf dem Tenorsaxophon, majestätisch darüber trohnte. Eine Kuriosität war das Konzert von G. Ph. Telemann für zwei Chalumeau. Die Chalumaeu wurde im 18. Jahrhundert entwickelt und ist als eine Vorform der Klarinette anzusehen. Sie war damals sehr einfach gebaut – gewissermaßen wie eine Blockflöte mit Klarinettenmundstück. Die Musiker des Musik-Kreises boten das Konzert mit Klarinette (Ulrike Köller), Sopransaxophon (Meike Lindemann) und Klavier (Manfred Schulz).
Manfred Schulz gelang es immer wieder, durch kleine, originelle Hintergrundgeschichten die Zuhörer in den Bann der dargebotenen Musik ziehen. „Stellen Sie sich vor, ein Ehepaar sitzt abends am Tisch und diskutiert miteinander. Die Frau beginnt das Gespräch, der Mann grummelt anfangs nur dazu, bis er dann auch die Initiative ergreift und beide sich in Wort fallen und zum Schluss gleichzeitig reden“. Mit diesen Worten führte er die Zuhörer in das von Meike Lindemann mit der Violine und von ihm am Klavier gespielte Cantabile aus der Violinsonate in G-Dur von J.S.Bach ein. Neben vielen Bildern, die Schulz per Beamer und Laptop auf die Wand der Aula projizierte kam auch die Literatur zur Geltung. 
Aus dem im letzten Jahr erschienenen Buch „Kontrapunkt“ der Autorin Anna Enquist zitierte Meike Lindemann Texte, die zu der Bearbeitung der Goldberg-Variationen von Johann Sebastian Bach passten. Bach hatte in der Variation Nr. 30 zwei damals sehr bekannte Volkslieder zu einem Quodlibet verbunden. Die Musiker des Musik-Kreises boten eine Bearbeitung dieser Variation mit Saxophonen, Viola und Kontrabass und eindringlicher Weise und entsprachen damit der Deutung dieser Musik durch Anna Enquist.
Mit strahlendem Glanz präsentierte Meike Lindemann dann auf dem Sopransaxophon die Sonate in F-Dur von Georg Friedrich Händel. Aus der ursprünglichen Sonate für Blockflöte und Basso Continuo hatte Händel später ein Konzert für Orgel und Orchester gemacht. 
Zum ersten Mal gab es in einem Musik-Kreis-Konzert auch ein Solo für einen Kontrabass in Form einer Hommage an Antonio Vivaldi, souverän gespielt von Andrea-Widow-Heintzelmann und begleitet von zarten Gitarrenklängen, die Manfred Schulz dem Digital-Piano entlockte.
Den absolut anspruchsvollsten Teil des Konzertes bildete dann aber die Darbietung des sechsstimmigen Ricercars von J.S.Bach. Das Thema dieses Werkes hatte Bach von Friedrich dem Großen, König von Preußen erhalten, dessen Gast Bach am 17. Mai 1747 am Potsdamer Hof gewesen war. Bach hatte damals vor den Augen und Ohren des staunenden Publikums am Hofe des Königs aus dem sehr schwierigen und für die Komposition von Fugen sehr komplizierten Themas eine dreistimmige Fuge spontan am Cembalo des Königs gespielt. Der Bitte des Königs, vor dem Publikum auch noch eine sechsstimmige Fuge zu spielen, mochte Bach nicht entsprechen. Er hat nachträglich aber ein großes Werk mit 13 Fugen verfasst und dem preußischen König gewidmet. Leider hat dieser dem bedeutenden Werk mit dem Titel „Das musikalische Opfer“ keine Aufmerksamkeit geschenkt.
Das sechsstimmige Ricercar - es gilt als äußerst schwieriges und kompliziertes Werk - hatte sich die Big Band des Musik-Kreises vorgenommen und nach kleinen Startschwierigkeiten meisterhaft dargeboten. Zum Verständnis hatte Manfred Schulz auf ein Bild des Malers Mauritius C. Escher Bezug genommen. Es handelt sich um das Bild „Metamorphosen“. Dieses Bild ist im Original ein großes Wandfries, das in einer Bank in Amsterdam hängt. Es zeigt in symbolischer Form, wie aus kleinen, einfachen Figuren wie Rechtecken durch winzige Abwandlungen sehr komplizierte Dinge, wie z.B. einen Bienenstaat, Vögel, Fische und eine ganze Stadt entstehen. Es symbolisiert die Evolution. Der Maler Escher selbst gibt zu, dass die bachschen Kompositionen den musikalischen Hintergrund für seine Werke lieferten.

Den krönenden Abschluss des Konzertes bot das vom Chor gesungene berühmte Air aus der Orchestersuite in A-Dur von J.S.Bach in einer Bearbeitung von Manfred Schulz. 
Der Vorsitzende des Lauenburger Musik-Kreises, Ulrich Meyer, danke Manfred Schulz zum Schluss mit einem Blumenstrauß.